„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Freitag, 21. März 2025

Karl Löwith: „Nur ,Du‛ kannst der ,Meine‛ sein ...“

1. ,Kehre‛
2. Weltbestimmungen
3. Sensualismus
4. Referenz
5. ,Mein‛ Du
6. Zwiegespräch und Gewissen
7. Erwiederung statt Erwiderung
8. primäre Willensverhältnisse
9. die eigentliche Kehre

Karl Löwith, „Das Individuum in der Rolle des Mitmenschen“ (1928)
In: „Mensch und Menschenwelt“ (1981, S.9-197)
ders., „Welt und Menschenwelt“ (1960)
In: „Mensch und Menschenwelt“ (1981, S.295-328)


Löwith macht die subjektiven Gewißheiten, zu denen gleichermaßen soziale, empirische und kognitive Gewißheiten zählen, also beide Weltdimensionen, die nichtmenschliche wie die menschliche Welt, umfassen, von dem unmittelbaren Einverständnis zwischen Zweien abhängig: „Nur Einer kann dem Anspruch eines andern, ihn selbst oder etwas (anderes) wahrhaft erkannt zu haben, wirklich entsprechen, sei es, indem er seiner Ansicht widerspricht oder auch zustimmt. ... Um erfahren zu können, ob seine Antwort der Sache entspricht, bedarf der eine eines andern.“ (Löwith 1928/81, S.82)

Damit ist vom Ansatz her die subjektive Gewißheit generell von einem intersubjektiv ermittelten Konsens abhängig. Damit schließt Löwith aus, daß es so etwas wie ein Zwiegespräch mit sich selbst geben könnte, wie wir es von Hannah Arendt als Gewissensprüfung kennen. Das bringt Löwith auch noch einmal explizit in folgendem Zitat zum Ausdruck: „Rein für sich kann sich einer wahrhaft objektiv weder vor etwas noch zu sich selbst bringen. Bespräche einer etwas, es rein für sich durchdenkend, so spräche er in Wirklichkeit nicht ungestört mit der Sache, sondern nur mit sich selbst.“ (Löwith 1928/81, S.83)

An anderer Stelle bezeichnet Löwith die Zwiesprache mit sich selbst als „dialektisches Scheingespräch“. (Vgl. Löwith 1928/81, S.83) Daß damit nicht nur ein absichtslos vor sich hin brabbelndes Selbstgespräch, sondern auch die ethische Dimension einer inneren Zwiesprache gemeint ist, ergibt sich aus folgendem Zitat: „Eigentlich kann nur der zu andern Sprechende als verantwortlich bestimmt werden. Vor sich selbst kann man nur quasi-verantwortlich sein, denn die Verantwortung beruht wie das Reden gerade darauf, daß man sich selbst einem andern zur Rede stellt.“ (Löwith 1928/81, S.129); Hervorhebungen KL)

Verantwortung vor sich selbst als einer anderen, ein Gewissen, gibt es also für Löwith nicht.

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