„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Samstag, 5. November 2022

Nachtrag zu Adams Rippe

Poppenbergs Kommentar zu Vosslers Essay macht deutlich, daß es oft die scheinbar nebensächlichen Dinge sind, die einem zu denken geben sollten. Hat sich eigentlich schon jemand mal gefragt: Warum Adams Rippe?

Vom Handwerklichen her gesehen wäre die Rippe eigentlich ein wenig taugliches Material, um daraus einen Menschen zu formen. Lehm wäre da naheliegender gewesen. Geht es um einen passenden Körperteil, hätte man wohl eher Adams Bauch genommen, um ihm per ‚Kaiserschnitt‘ seine Eva zu entnehmen. Sogar der Kopf kann, wie wir wissen, Gedankendinge hervorbringen und wäre deshalb für eine Kopfgeburt geeignet, wie das Beispiel von Zeus und Athene zeigt. Der Ort ihres Hervorgangs machte Athene sogar zu einem Symbol für Weisheit. – Warum also eine Rippe?

Ich vermute, daß es gerade das ist, daß die Rippe am wenigstens einer Gebärmutter gleicht, was sie so geeignet für diesen speziellen Mythos macht. Hatte Gott in einer ersten Version Frau und Mann noch beide nach seinem Ebenbild geschaffen, so daß sie auf Augenhöhe zueinander standen, wollten die Autoren der zweiten Version jeden Gedanken daran, daß Eva Adam ebenbürtig sein könnte, tilgen. Bei der Erschaffung Evas sollte einfach nichts an ihre Gebärmutter erinnern, die die Vermutung nahegelegt hätte, daß, wenn schon nicht gleichzeitig geschaffen, es wohl eher Adam gewesen wäre, der aus Eva hervorging, als umgekehrt.

Adam sollte mit seiner Rippe alle Assoziationsketten abbrechen und als erster Mensch konkurrenzlos dastehen. Lehm hätte an ‚Mutter Erde‘ denken lassen. Der Bauch und sogar der Kopf hätten ebenfalls die Gedanken von Adam ab- und zu Evas Gebärmutter hinschweifen lassen. Eine Rippe hingegen nicht! Nichts, aber auch gar nichts erinnert bei Adams Rippe daran, daß eigentlich nur Frauen dazu in der Lage sind, Menschen in die Welt zu setzen.

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