„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Mittwoch, 16. November 2022

These zum Gender

Die Binarität der Geschlechter hat eigentlich nichts mit der gelebten Sexualität zu tun. Die gelebte Sexualität ist Gender und nicht Geschlecht, und sie ist auch nicht binär, sondern polymorph. Es gibt so viele Gender, wie es Menschen gibt, die sich verlieben. Mit anderen Worten: Gender gibt eine Objektpräferenz an, die mit der Binarität der Geschlechter nichts zu tun hat. Mein persönliches Gender: mich in einen Menschen zu verlieben, bedeutet, diesen einen Menschen zu begehren und sonst niemand.

Ich bin halt Romantiker. Andere leben ihre Sexualität anders aus. Kein Problem.

Wenn von der Binarität der Geschlechter die Rede ist, bezieht sich das auf etwas anderes als auf die Aktivierung von mit unserer Körperlichkeit verbundenen Lustzentren: es gibt Menschen, die können gebären, und es gibt Menschen, die können nicht gebären. Ob es mal eine reproduktionsmedizinische Technologie geben wird, die es allen Menschen ermöglicht, zu gebären, ist für diese Definition irrelevant. Es zeichnet diese Definition aus, daß sie eine Erklärung dafür bietet, warum wir in einer Gesellschaft leben, die seit mindestens 3.000 Jahren über den Körper von Frauen verfügt; warum ihnen das Recht abgesprochen wird, einen Körper zu haben.

Es geht hier nicht nur um eine Vergemeinschaftung des weiblichen Körpers. Hinter dieser Vergemeinschaftung steht vielmehr das Patriarchat. Männer wollen die eigentlichen ‚Erzeuger‘ von Kindern sein und werten deshalb nicht nur die Gebärfunktion ab, sondern enteignen zugleich auch die Frauen ihrer Verfügungsgewalt über sich selbst.

Das sollte die Grundlage jeder Diskussion über Gender (gelebte Sexualität) sein. Es beugt Mißverständnissen vor und bewahrt uns davor, uns in lauter anthropologischen Unmöglichkeiten zu verrennen.

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