„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Mittwoch, 11. September 2024

Das dritte Du in Martin Bubers Dialogischem Prinzip

1. Vorweg: methodische Probleme
2. Das ewige Du
3. die Liebe und das Konkrete
4. ,Ich‛ sagen
5. Gemeinschaft und Kollektivität
6. Kritik der Mystik

Martin Buber bezeichnet zwei Konstellationen von Personalpronomina als „Grundworte“: Ich-Du und Ich-Es. (Vgl.1923/1984, S.7) Schon der erste Unterschied zu meinem Konzept ist, daß Buber seine Grundworte, und da vor allem das erstere, nicht mit einem Gleichheitszeichen, sondern mit einem Gedankenstrich versieht. Hier stellt sich mir dann auch gleich die Frage, ob dieser Gedankenstrich vielleicht auch ein Trennungsstrich ist. Eine dritte denkbare Konstellation: Ich-Wir, führt Buber nicht eigens als Grundwort auf.

Ontologie statt Phänomenologie

Von den Grundworten heißt es: „Grundworte werden mit dem Wesen gesprochen.“ (1923/1984, S.7) ‒ Das ist ein ontologischer Satz. Er paßt nicht zu einer phänomenologischen Perspektive. Außerdem widersprechen solche Wesensbestimmungen ‒ das Du ist, so Buber, „wesenhaft anders“ als das Ich (vgl. 1953/1984, S.283) ‒ dem Gleichheitszeichen. Begriffe wie Identität und Authentizität hängen mit dem Wesensbegriff eng zusammen. Auch Buber glaubt, daß „Authentizität“ eine Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Begegnung von Ich und Du sei. (Vgl. 1953/1984, S.280)

Ich und Du sind aber keine authentischen, also für sich unabhängigen, mit sich identischen Größen. Sie ergeben sich nur aus einer aktuellen Beziehung, die sich nicht auf zwei authentische Kerne bzw. identische Substanzen zurückführen läßt. Die Differenz zwischen Ich und Du jeweils als Ich ist nicht inhaltlich bestimmt, sondern lediglich raumzeitlich definiert. Sie befinden sich nicht zur gleichen Zeit am selben Ort. Sie sind einander gegenüber. Diese Differenz, nicht das Wesen, vereinzigartigt das Ich.

Authentizität läßt auch keine zweite Naivität zu. Sie verharrt in der ersten Naivität. Es kann für Buber keine zweite Naivität geben, wie wir sie von Nietzsche und von Plessner kennen, die es uns ermöglicht, in ein reflektiertes Verhältnis zur Scheinhaftigkeit unseres Soseins zu treten. Stattdessen beschreibt Buber Ich-Du als „hohe Aufrichtigkeit“, „die kein Schein mehr anficht, weil sie die Scheinhaftigkeit besiegt hat“. (Vgl. 1953/1984, S.280)

Da unvollkommene Menschen solche hohen Ansprüche nicht einlösen können, bedarf es eines göttlichen Garanten, wenn die Begegnung von Ich und Du nicht von vornherein scheitern soll. Wohl auch deshalb überhöht Buber die Zweiheit von Ich und Du in einer dritten Person: „... in jedem Du reden wir das ewige an ...“ (1923/1984, S.10) ‒ Und an wieder anderer Stelle: „Die verlängerten Linien der Beziehungen schneiden sich im ewigen Du.“ (1923/1984, S.76) Dergleichen Textstellen, in denen das Primat des ewigen Du behauptet wird, gibt es viele.

Zugleich aber gilt angesichts dieser Überhöhung durch ein drittes Du: „Was die christliche Theologie ... nach meinem Wissen und Verständnis lehrt, ist dies, daß der Mensch, genauer der gefallene Mensch, seiner Unerlöstheit nach betrachtet, ,vor Gott‛ (coram Deo) sündig und verderbt sei.“ (1936/1984, S.258) ‒ Der Mensch, wie er ist, genügt nicht. Er ist durch und durch defizitär. Die Begegnung von Ich und Du geschieht nicht aus ihnen selbst. Buber ist also kein Phänomenologe: „(D)er Vordergrund trügt.“ schreibt er. (Vgl. 1953/1984, S.281) Deshalb ist bei ihm das Ich eben nicht gleich dem Du, sondern Du ist „wesenhaft anders“. (Vgl. 1953/1984, S.283) Buber kommt nicht auf den Gedanken, daß es, wenn es bei Ich-Du vor allem um ihre Wechselseitigkeit gehen soll, auf ihre Wesenslosigkeit ankommt. Weil Buber dieser Gedanke fernliegt, bedarf es eines Gottes bzw. eines ewigen Du, um die Wesensverschiedenheit von Ich und Du zu transzendieren.

Das zweite Grundwort, Ich-Es, begründet ein Zweck/Mittel-Verhältnis zwischen den Menschen untereinander und zu der Welt. Hier haben wir es mit einer „Es-Menschheit“ zu tun. (Vgl. 1923/1984, S.17) Ich spreche statt von einer Es-Menschheit lieber vom Gruppenmenschen. Dazu in einem anderen Post mehr. Buber zufolge hat das Du keine Dauer. Jede Ich-Du-Begegnung muß wieder zu einer Ich-Es-Beziehung werden. Aber auch umgekehrt gilt: jede Ich-Es-Beziehung kann wieder zur Ich-Du-Begegnung werden.

Bildung, Ich-Genese

Jedes Du hat Eigenschaften. Buber macht daraus ein Problem. (Vgl. 1923/1984, S.20f.) Aber es gibt keinen Widerspruch zwischen der Einzigkeit und Unbeschaffenheit, der Erfahrbarkeit und Unberührbarkeit des Du einerseits und seiner „Dinghaftigkeit“ (vgl. 1923/1984, S.21), also dem Vorhandensein von Eigenschaften andererseits. ,Ding‛ (Thing) ist nur ein anderes Wort für ,Gestalt‛, und in seiner Gestalt sind alle Eigenschaften eines Du vereinigt.

Das Du ist das Zentrum seiner Eigenschaften, die sich im Du zur Gestalt zusammenfügen. Diese Gestaltwerdung widerfährt dem Du in der Begegnung nicht von sich aus, als Ich, sondern vom anderen Ich her. Aber das Du ist auch ursprünglich nicht leer, sondern es ist immer schon eine Fülle für sich, als Ich, und für andere, die Du zu ihm sagen. Plessner bringt das in seinem Begriff des Körperleibs auf den Punkt.

Der Körperleib bildet eine Weiterentwicklung des transzendentalen Ichs, wie es Kant beschreibt. Das transzendentale Ich ist leer. Es ist die immer gleiche leere Form des Denkens, die wir in den verschiedenen Lebensaltern unterschiedlich füllen, die aber ihrer Form nach immer gleich und unverändert bleibt. Das transzendentale Ich ist etwas anderes als Ich = Du in seiner Vielfalt.

Das gilt so auch für das Du dort, wo es nur Ich für sich ist und nicht Ich und Du in Wechselwirkung. In gewisser Weise ist also nur das ,transzendentale‛ Ich einzig und unbeschaffen. Denn als dieses Ich, Descartes‛ cogito, bleiben und sind sich alle Menschen gleich, in Bezug auf sich selbst in allen ihren Lebensaltern, wie auch in Bezug auf alle anderen Menschen im umfassenden Sinne.

Aber da gibt es noch das individuelle Ich. Vielleicht sollte man hier besser statt von einem transzendentalen von einem transgenetischen oder transprozeduralen Ich sprechen. Ich denke dabei an Plessners Körperleib, der ebenfalls eine grundlegende Gleichheit in der Vielfalt von Ich = Du begründet, aber doch kein transzendentales Ich ist. Das transgenetische Ich oder eben das exzentrische Selbst wäre dann mit Plessner auf der Grenze zwischen Innen und Außen zu positionieren, was in der Sprache der Differenz zwischen Meinen und Sagen entspricht, zwischen deren Polen sich die Wechselbeziehung von Ich und Du vollzieht.

Dieses Körperleib-Ich ist vor der Ich = Du-Begegnung. Und in der Begegnung ist es, ob nun als Ich oder als Du, der Grund für deren Gleichursprünglichkeit. Ich und Du begegnen sich als Körperleib auf der Grenze zwischen Innen und Außen, zwischen Meinen und Sagen. Buber bezeichnet das als das „Zwischenmenschliche“. (Vgl. 1953/1984, S.271ff.) Eine ähnliche Konstruktion kennen wir mit der „Zwischenleiblichkeit“ von Merleau-Ponty. In einer Nachbemerkung zitiert Buber sogar zwei ausführlichere Textstellen von Alexander von Viellers, in denen vom „Zwischenmenschen“ die Rede ist (vgl. 1953/1984, S.298), der exakt die Grenzsituation zwischen Innen und Außen zum Ausdruck bringt, wie man sie von Plessners Körperleib kennt.

Begrifflich gäbe es hier also eine Annäherung zwischen Plessner und Buber. Aber Buber kann trotz seiner Zwischenmenschlichkeit eine Gleichursprünglichkeit von Ich und Du nicht denken. Zuerst kommt das Du.

Daß Buber eine Gleichursprünglichkeit von Ich und Du, in der das Ich am Du zum Ich und das Du am Ich zum Du wird, nicht denken kann, ist darauf zurückzuführen, daß er das Ich-Du nicht an der Beziehung zwischen zwei konkreten Menschen festmacht, sondern eine kosmische Beziehung daraus macht. (Vgl. 1923/1984, S.32) Auf der kosmischen Ebene wird das Du zum ewigen Du, so daß das kleine irdische Ich auf eine aposteriorische Größe schrumpft. Das ewige Du hat das Primat gegenüber dem Ich als Du und dem Du als Ich.

Es gibt dieses Erst-noch-Werden des Ich am Du und in der Beziehung zum Du, wie Buber es beschreibt, nicht. (Vgl. 1923/1984, S.32) Das Ich ist in der Beziehung zum Du immer schon da; denn auch das Du ist immer schon Ich: als Körperleib. Der Bildungsprozeß, die Ich-Genese, wie sie Buber behauptet, als Werden des Ich am Du, findet nicht erst in der Begegnung mit Du statt. Es geht in der Bildung vielmehr um das individuelle Bewußtsein und seine Geschichte, zu der fundamental das Ich = Du gehört. Beides läßt sich nicht trennen, aber es handelt sich dennoch um zwei verschiedene Phänomene.

Das individuelle Bewußtsein, wenn es auch in seiner ganzen Fülle in die Wechselbeziehung eingeht, ist nicht identisch mit Ich = Du. Es hat seine eigene zeitliche Dimension, die die Genese eines Ich beinhaltet, das sich in allen Lebensaltern als dasselbe wiedererkennt und das sich dennoch in der Wechselbeziehung als das Andere seines Gleichen erlebt. Diesen Bildungsprozeß eines individuellen Bewußtseins könnte man analog zu Kants transzendentalem Ich als transgenetisches Ich bezeichnen. Nur haben wir es beim transgenetischen Ich nicht mit einer leeren Form zu tun, sondern mit einer körperleiblichen Grenze.

Bildungsprozeß und Lebenswelt wären dann zwei verschiedene Modi dieses transgenetischen Egos, die sowohl Individualität wie auch Kollektivität ermöglichen würden.

Meinen und Sagen

Der Körperleib impliziert, neben der Grenze von Innen und Außen, ein zu dieser Grenze sich verhaltendes individuelles Bewußtsein. Das hat auch eine fundamentale Relevanz für unser Sprechen, also für die Wechselbeziehung von Ich und Du, die sich im wechselseitigen Sagen auf das jeweilige Meinen des anderen Ich einstellen. So wird das Verstehen des Hörenden zum Maß für den Sagenden, ohne daß die Differenz in Gänze aufgehoben werden könnte.

Bei Buber hingegen ist ein völlig anderes ,Wort‛ im Schwange. Buber verdreht die Innen/Außen-Problematik, indem er die Sprache zu einem Gehäuse macht, in dem wir ,drinstecken‛: „... in Wahrheit nämlich steckt die Sprache nicht im Menschen, sondern der Mensch steht in der Sprache und redet aus ihr, ‒ so alles Wort, so aller Geist. Geist ist nicht im Ich, sondern zwischen Ich und Du.“ (1923/1984, S.41)

Das ist richtig und falsch zugleich. Die durchaus zustimmenswerte Aufwertung der Sprache als einer Beziehungsform von Ich und Du wird durch eine Abwertung des Ich erkauft. Das Ich für sich spricht nicht. Das Ich für sich ist stumm.

Mit der Abwertung des Ich geht die Differenz von Innen und Außen, die Differenz des Körperlichen verloren. Der Mensch befindet sich nicht mehr auf der Grenze. Bubers ,Wort‛ ist vor allem das Gotteswort: „Wort von ihm, Wort, das in keinem Wörterbuch steht, Wort, das jetzt gewortet worden ist ‒ und was es von mir heischt, ist meine Antwort an ihn“. (Vgl. 1936/1984, S.244) ‒ Wenn alle Sprache vor allem Verantwortung vor Gott ist, spielen Meinen und Sagen keine Rolle mehr. Nicht einmal die Frage, ob wir das Richtige tun, spielt eine Rolle. Es geht nur darum, auf Gottes Wort zu ,antworten‛.

Darauf werde ich in einem der kommenden Blogposts noch näher eingehen.

Zur Notwendigkeit von Paradoxien

Im Nachwort von Oktober 1957 (1957/1984, S.122ff.) bezeichnet Buber das „ewige() Du“ als eine „,personifizierende()‛ Metapher“, und er verweist auf die „Gefahr einer problematischen ,Mystik‛“ (vgl. 1957/1984, S.129), die möglicherweise mit dieser Metapher einhergeht. Deshalb hält er fest: „Die klare und feste Struktur des Ich-Du-Verhältnisses, jedem vertraut, der ein unbefangenes Herz und den Mut hat, es einzusetzen, ist nicht mystischer Natur.“ (1957/1984, S.129)

Was die klare und feste Struktur des Ich-Du-Verhältnisses betrifft, die ich als Ich = Du-Beziehung beschreibe, kann ich Buber nur zustimmen. Allerdings gilt diese strukturelle Klarheit nur dort, wo ihre Zweiheit ins Zentrum der Reflexion gestellt wird. Sobald ihr ein drittes, ewiges Du hinzugefügt wird, sind wir schon mittendrin in der problematischen Mystifizierung, vor der Buber meint warnen zu müssen.

Ein solches Paradox ergibt sich z.B. dort, wo Buber das Dienstverhältnis des Individuums zu Gott und zur Gemeinschaft (dem ,Volk‛) beschreibt und von der Notwendigkeit, den eigenen Willen zu ,opfern‛, spricht. (Vgl. 1923/1984, S.62, 107, 108; 1936/1984, S.245f.) Diese Opferbereitschaft soll bis zum Tod gehen. Der „groß“ wollende Mensch soll bereitwillig den „Menschentod“ in Kauf nehmen. (Vgl. 1923/1984, S.62)

Zugleich aber soll der groß wollende Mensch vor allem seinem Gewissen folgen. (Vgl. 1936/1984, S.246) Dieses individuelle Gewissen setzt sogar der Gemeinschaft Grenzen (vgl. 1936/1984, S.245), nämlich immer dort, wo die Gemeinschaftszwecke nicht dem Willen Gottes entsprechen. Hier befindet sich der kleine Mensch mit seinem großen Willen nun in dem Paradox, seinem eigenen ,Volk‛ „aufglühend im unermeßlichen Schicksal“ dienen zu wollen, da ja in diesem Dienst, wie Buber selbst festhält, Gott selbst gemeint ist (vgl. 1923/1984, S.107), andererseits aber seinem Gewissen gegenüber, mit dem ebenfalls Gott gemeint ist, verpflichtet sein könnte, sich gegen das ,Volk‛ zu entscheiden.

Was an dieser paradoxen Ich-Du-Struktur ist jetzt noch „klar und fest“? Durch die Einbeziehung eines ewigen Du mit seinem Primat gegenüber der Zweiheit von Ich als Du und Du als Ich verunklart Buber diese Struktur. Er vernebelt und mystifiziert das Ich-Du-Verhältnis.

Jetzt wird verständlich, warum Buber schreibt, über „Gott“ könne nur mit Hilfe von Paradoxa gesprochen werden. (Vgl. 1957/1984, S.133f.) In diesem Durcheinander von sich widersprechenden Feststellungen hat es schon wieder etwas Rührendes, wenn Buber schreibt: „Der Widerspruch muß der höheren Einsicht weichen.“ (1957/1984, S.135) So wird tatsächlich jedem eigenständigen Verstandesgebrauch der Boden unter den Füßen weggezogen.

Das ewige Du als Gottesverhältnis

Bubers Primat des (ewigen) Du beinhaltet ein Gottesverhältnis, das eine Wechselbeziehung von Ich = Du nicht etwa ermöglicht, sondern behindert und sogar verhindert. Und zwar in drei Hinsichten: hinsichtlich der Sündhaftigkeit bzw. Scheinhaftigkeit des individuellen Menschen; hinsichtlich der Unterdrückung seines ,kleinen‛ Willens; hinsichtlich der Umwegigkeit des Ich-Du-Bezugs.

Zur Scheinhaftigkeit des individuellen Menschen habe ich mich in diesem Blogpost schon weiter oben geäußert. Buber verpflichtet den kleinwollenden Menschen, der sich mit dem „Schein“ als „Aushilfe“ arrangieren will ‒ man möchte ja irgendwie mit sich und der Welt zurecht kommen ‒ zur Größe einer „hohen Aufrichtigkeit“; zur „Authentizität“. (Vgl. 1953/1984, S.280)

Das Gegenteil der Authentizität ist dann nicht nur die Scheinhaftigkeit, sondern auch die „absolute() Sündhaftigkeit“ des Menschen. (Vgl. 1936/1984, S.258)

Im Gottesverhältnis ist zweitens die Unterdrückung des menschlichen Willens zugunsten Gottes Willen bis hin zum Opfertod des Gläubigen impliziert. Auch darauf wurde schon weiter oben eingegangen.

Und drittens führt die Hinzufügung eines dritten Prinzips zur Zweiheit von Ich = Du zu einer Umwegigkeit des Ich-Du-Verhältnis. Nur der Umweg über Gott macht eine Wechselbeziehung zwischen Ich und Du möglich. Das macht auf fast schon ironische Weise Kierkegaards Versuch deutlich, das Gottesverhältnis ganz auf den Einzelnen zu gründen, ohne ,Umweg‛ über das menschliche Du. (Vgl. 1936/1984, S.215ff.)

Folgt man Bubers Ausführungen, dann war für Kierkegaard der andere Mensch als Du nur ein unnötiger Umweg zum göttlichen Du. Kierkegaard glaubte als Einzelner in ein unmittelbares, erfüllteres Verhältnis zum Du Gottes treten zu können. Diese Spiegelumkehrung, statt Gott als Umweg zum Du das Du als Umweg zum Gott und die entsprechenden Verzerrungen des Ich-Du-Bezugs, lehrt uns etwas über das Gottesverhältnis. Denn auch umgekehrt gilt: im Ich = Du als Wechselbeziehung zweier Menschen bildet auch Gott bloß eine Verzerrung. Diese Verzerrung behindert eine unmittelbare, erfüllte Beziehung zum anderen Menschen.

Besser ist es, den Gedanken aufzugeben, ein drittes Du könnte die zwei Ich-Dus so transzendieren, daß dabei etwas Wesentlicheres daraus wird, als bloß zu zweit zu sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen