„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Freitag, 1. Juni 2018

Antonio Damasio, Im Anfang war das Gefühl. Der biologische Ursprung menschlicher Kultur, München 2017

1. Zusammenfassung
2. Physiologie der Wertigkeit
3. Algorithmen
4. Phänomenologie
5. Parallele Spuren: Apperzeption
6. Homunkulus
7. Big Data und Intuition
8. Kulturkrisen und Kulturkritik

In seinem Buch „Im Anfang war das Gefühl“ (2017) präsentiert der portugiesische Neurobiologe Antonio Damasio seine Sicht auf die Evolution von Bewußtsein und Kultur. Zwei Aspekte sind dabei aus der Perspektive des Rezensenten besonders bemerkenswert: zum einen distanziert sich Damasio entschieden von seinen neurowissenschaftlichen Kollegen, die bis heute das menschliche Bewußtsein in spezifischen Bereichen des Gehirns, insbesondere der Großhirnrinde zu lokalisieren versuchen und auf diese Weise mentale Phänomene einschließlich der menschlichen Kultur auf neuronale Strukturen reduzieren:
„Über das mentale Leben ... wird häufig so berichtet, als wären sie ausschließlich Produkte des Gehirns. In solchen Berichten ist das Nervensystem von Anfang bis Ende der große Held, aber das ist eine grobe, übermäßige Vereinfachung und ein Missverständnis. Es hört sich an, als wäre der Körper nur ein Zaungast, ein Gerüst für das Nervensystem, das Gefäß, in dem das Gehirn liegt. ... In den traditionellen Erklärungen, die das Nervensystem, das Gehirn oder sogar nur die Großhirnrinde in den Mittelpunkt stellen, fehlt aber die Tatsache, dass Nervensysteme zu Beginn ihres Daseins die Helfer des Körpers waren ...“ (Damasio 2017, S.80f.)
Hier befindet sich Damasio übrigens im Widerspruch zu „Selbst ist der Mensch“ (2011), wo er noch „mit voller Absicht“ das Gehirn als Akteur thematisiert. (Vgl. Damasio 2011, S.185)  Wie aus der gerade zitierten Textstelle seines aktuellen Buches deutlich wird, hält Damasio jetzt aber den menschlichen Körper – also, wenn man vom Gehirn absieht, den ‚Rest‘ des Organismusses – ganz und gar nicht bloß für den „Zaungast“ der Entscheidungen eines einsam handelnden Gehirns. Tatsächlich bildet der menschliche Körper nicht einfach nur den „Nährboden“ für das Gehirn, sondern er bildet das „Substrat“ der Gefühle (vgl. Damasio 2017, S.229f.), jenes mentalen Moments also, um das es zentral in seinem Buch geht. Die Gefühle sind Damasio zufolge älter als das Nervensystem und basieren zu einem großen Teil auf Chemie, also auf vom zentralen Nervensystem unabhängigen Stoffwechselprozessen im menschlichen Körper. Sie haben einen weitgespannten biologischen Hintergrund, in den sie in Form emotiver Reaktionen auf spontane oder provozierte Veränderungen des Organismusses eingebettet sind. In Wechselwirkung mit dem Nervensystem entstehen dann die im engeren Sinne mentalen Phänomene, die Damasio ‚Gefühle‘ nennt:
„Gefühle wurden nicht allein vom Gehirn hervorgebracht, sie sind vielmehr das Ergebnis einer partnerschaftlichen Kooperation von Körper und Gehirn, die mittels ungehindert fließender chemischer Moleküle und Nervenbahnen in Wechselbeziehung stehen.“ (Damasio 2017, S.20)
Damit kommen wir zum zweiten Aspekt, der für mich besonders interessant ist: Damasio versteht den menschlichen Körper – auch wenn er das Wort nicht explizit verwendet – ähnlich wie Plessner als ‚Körperleib‘. Körper und Gehirn bzw. Gefühle und Gehirn sind Partner, die nur zusammen funktionieren. Dabei bildet anders als bei Plessner bei Damasio aber nicht der Stoffwechsel, sondern die Homöostase die Grundlage dieser Partnerschaft. Gefühle und Gehirn haben dasselbe grundlegende Ziel, die Lebensfunktionen des menschlichen Organismusses im Gleichgewicht zu halten:
„Homöostase ist die leistungsfähige, ungedachte, unausgesprochene Notwendigkeit, deren Verwirklichung für alle Lebewesen, ob groß oder klein, nichts weniger ist als die Voraussetzung für ihr Bestehen und Gedeihen. ... (Sie) sorgt dafür, gewährleistet, dass das Leben innerhalb eines Bereichs reguliert wird, der nicht nur mit dem Überleben verträglich ist, sondern auch dem Gedeihen dient und eine Fortsetzung des Lebens in der Zukunft eines Organismus oder einer Spezies ermöglicht.“ (Damasio 2017, S.34)
Der Unterschied zwischen Damasio und Plessner, die Homöostase oder den Stoffwechsel ins Zentrum ihres jeweiligen Konzepts vom Körperleib zu stellen, geht darauf zurück, daß Plessner mit dem Stoffwechsel die Differenz zwischen Innen und Außen hervorhebt. Mit dieser Differenz geht Plessner zufolge nicht nur eine Diskontinuität der individuellen Intentionalität zur Umwelt bzw. Außenwelt, sondern auch des Individuums mit sich selbst einher: der Mensch wird sich seiner selbst bewußt und ist fortan mit sich selbst nicht mehr identisch.

Diese Pointe des menschlichen Selbstbewußtseins auf der Grenze zwischen Innen und Außen, die sich schon über den Stoffwechsel anbahnt, fehlt bei Damasio. Mit dem Homöostasebegriff zielt Damasio vor allem auf die Erhaltung von Gleichgewichtszuständen ab, die das Überleben des individuellen Organismusses sicherstellen. Auch das menschliche Bewußtsein dient Damasio zufolge allererst diesem Ziel. Auf das Selbstbewußtsein mit allen seinen Implikationen von Negativität und Reflexivität kommt er nirgendwo in seinem Buch zu sprechen. Es ist allererst die Homöostase, die einen Stoffwechsel ermöglicht, indem sie ihn stabilisiert. Erst so wird der Stoffwechsel zur „Triebkraft der Evolution“. (Vgl. Damasio 2017, S.54) Zugleich steuert die Homöostase, d.h. die aus der Erhaltung des Gleichgewichts hervorgehenden Notwendigkeiten, die „natürliche Selektion“ (vgl. ebenda), so daß Selektion und Mutation keine Zufallsereignisse bilden, sondern auf ein Ziel ausgerichtet sind. Die Homöostase bildet den „Wert hinter der natürlichen Selektion“, die ihr als Mittel zur beständigen Optimierung des Lebens dient. (Vgl. Damasio 2017, S.35)

Bei Damasio herrscht also der Kontinuitätsgedanke vor: die Kontinuität zwischen Biologie und Kultur und die Kontinuität zwischen Biologie und Bewußtsein. Damasio spricht nicht einfach von einem Körperleib, mit dem wir uns nach Plessner auch im Streit befinden können, sondern im Gegenteil von einer „Verschmelzung von Körper und Gehirn“. (Vgl. Damasio 2017, S.145)

Damasios Verwendung des Wortes ‚Verschmelzung‘ hat gute phänomenologische Gründe. Er weist damit auf den Unmittelbarkeitscharakter unserer Gefühle hin, wie sie vom Körper erzeugt und dem Gehirn ‚bewußt‘ werden:
„Es geht mir darum, dass im Erlebnis des Fühlens nur eine geringe oder gar keine anatomische und physiologische Distanz zwischen dem Objekt, das den entscheidenden Inhalt erzeugt, dem Körper(,) und dem Nervensystem besteht, das traditionell als Empfänger und Verarbeiter der Informationen betrachtet wird. Beide Seiten, Objekt/Körper und Verarbeiter/Gehirn, hängen natürlich zusammen und gehen auf vielerlei unerwartete Weise ineinander über.“ (Damasio 2017, S.145f.)
Aber obwohl Damasio den phänomenalen Charakter von Gefühlen korrekt beschreibt und den Informationsbegriff in diesem Zusammenhang zurecht kritisiert – Gefühle sind keine Informationen, sondern Werte –, hindert ihn sein Fokus auf diese mentalen Phänomene daran, die eigentliche Differenz des menschlichen Bewußtseins als Selbstbewußtsein zu erkennen. Dennoch muß man anerkennen, daß Damasios „Physiologie der Wertigkeit“ (Damasio 2017, S.145) eine bemerkenswerte Variation zum phänomenologischen Thema der Intentionalität darstellt. An die Stelle der Plessnerschen Anatomie des Körperleibs setzt Damasio eine Evolution der Physiologie, die bei den kernlosen Einzellern (Prokaryonten) beginnt (vgl. Damasio 2017, S.39f.) und von dort zu den zentralisierten Steuerungsmechanismen von genetischen und neurologischen Apparaten, den Zellkernen und Gehirnen, voranschreitet. Zwar spielt bei Damasio anders als bei Plessner die Differenz von Innen und Außen nicht die zentrale Rolle in der Bewußtseinsentwicklung des Menschen; aber dafür liefert er eine bemerkenswerte Differenzierung der Innenwelt in eine alte und eine neue Innenwelt:
„Im Inneren unseres Organismus gibt es zweierlei Welten. Wir können sie als die alte und die nicht so alte Welt bezeichnen.“ (Damasio 2017, S.97)
Die alte Innenwelt entspricht dem, was Plessner als „Zustand“ bezeichnet. Sie besteht aus den „Kernbestandteile(n) der Gefühle“ und wird weitgehend durch chemische Prozesse bestimmt. (Vgl. Damasio 2017, S.88f., 97) Hinzu kommt das enterische Nervensystem, das anatomisch ganz anders funktioniert als das moderne Nervensystem (die weniger alte Innenwelt), weil seine Fasern nicht oder nur wenig myelinisiert sind. (Vgl. Damasio 2017, S.74f., 152ff.) Ich werde darauf im folgenden Blogpost detaillierter zu sprechen kommen. Plessner bezeichnet die Instrumente der chemischen Nachrichtenübermittlung der alten Innenwelt als „Zustandssinne“.

Die weniger alte bzw. ‚moderne‘ Innenwelt besteht aus dem Skelettgerüst, der quergestreiften Muskulatur, den klassischen Sinnesorganen, die Plessner als „Gegenstandssinne“ bezeichnet, und natürlich aus dem modernen ‚zentralen‘ Nervensystem mit seinen durchgehend myelinisierten Nervenfasern. (Vgl. Damasio 2017, S.93, 97f., 102, 178, 153) Sie stellen die Verbindung zur Außenwelt her.

Beide Innenwelten stehen nun in einem interessanten Verhältnis zueinander, das man als ‚pathische Apperzeption‘ bezeichnen könnte. Immanuel Kant hatte als Grundmerkmal des menschlichen Bewußtseins postuliert, daß wir alle unsere Wahrnehmungen und Empfindungen mit einem „Ich denke“ begleiten können müssen. Er nannte das „transzendentale Apperzeption“. Damasio behauptet dasselbe von den Gefühlen. Die Bilder, die uns mit den Mitteln der weniger alten Innenwelt von der Außenwelt geliefert werden, müssen immer zugleich auch von ‚Bildern‘, sprich Gefühlen, aus beiden Innenwelten begleitet werden, damit sie uns bewußt werden können; und ‚bewußt werden‘ heißt wiederum, daß wir sie als unsere eigenen Wahrnehmungen in Besitz nehmen können.
„So gut wie jedes Bild in der großen Prozession, die wir Geist nennen, hat von dem Augenblick, in dem ein Element erstmals ins Rampenlicht der Aufmerksamkeit gerät, bis zu dem Zeitpunkt, da es die Bühne wieder verlässt, ein Gefühl an seiner Seite. ... Unter normalen Bedingungen gibt es kein Sein im eigentlichen Sinn des Wortes ohne das spontane, mentale Erlebnis des Lebens, ein Gefühl der Existenz. ... Das vollständige Fehlen von Gefühlen wäre eine Aufhebung des Seins.“ (Damasio 2017, S.118)
Als Beispiel verweist Damasio auf die Filmtechnik, in der die beweglichen Bilder von einer Tonspur begleitet werden; der innere ‚Film‘ besteht ebenfalls aus (mindestens) zwei Spuren, wobei die Tonspur aus einer Gefühlsspur besteht, die die von den Sinnesorganen gelieferten Außenweltbilder – die andere Spur – begleitet. (Vgl. Damasio 2017, S.93, 105)

Tatsächlich besteht dieser ‚Film‘, also das mentale Erleben, nicht nur aus zwei, sondern aus vielen ‚Spuren‘, weil nämlich unser ‚Geist‘ kein „Monolith“ ist, wie Damasio schreibt, sondern zusammengesetzt aus den vielen Organen und Organsystemen des menschlichen Körpers sowie aus den Narrativen und Schemata einer die biologische Evolution begleitenden sprachlich-kulturellen Evolution. (Vgl. Damasio 2017, S.167f.) Für diesen zusammengesetzten Geist verwendet Damasio ein wunderbares Bild, das man auch schon aus seinen früheren Büchern kennt: das Orchester. Das wache, aufmerksame, menschliche Bewußtsein bildet ein aus vielen ‚Instrumenten‘ zusammengesetztes Orchester, und die mentalen Erlebnisse bilden wiederum die Musik, die von diesem Orchester gespielt wird:
„Wer sind eigentlich die Musiker in diesem imaginären Orchester? Die Antwort: Die tatsächlich vorhandenen oder aus dem Gedächtnis abgerufenen Gegenstände und Ereignisse in der Welt rund um unseren Organismus, und auch die Objekte und Ereignisse der Innenwelt.“ (Damasio 2017, S.101)
Die Instrumente wiederum, mit denen die Musiker spielen, bestehen aus zwei Gruppen: „aus den wichtigsten Sinnesvorrichtungen, mit deren Hilfe die Welt außer- und innerhalb eines Organismus mit dem Nervensystem in Wechselbeziehung tritt“ und aus den „Vorrichtungen, die ständig emotiv auf die mentale Gegenwart jedes einzelnen Objekts oder Ereignisses reagieren“. (Vgl. Damasio 2017, S.101)

Es fällt auf, daß Damasio im Unterschied zu seinen früheren Büchern an dieser Stelle nur von den Musikern und von den Instrumentengruppen spricht, aber den Dirigenten nicht erwähnt. Ursprünglich hatte Damasio den Dirigenten als jemanden beschrieben, der pünktlich zur Aufführung vor dem Orchester erscheint und nach dem Ende wieder verschwindet, ohne daß jemand weiß, woher er kam und wohin er geht. (Vgl. „Selbst ist der Mensch“ (2011), S.35) Dieser Beschreibung entspricht die Funktion eines Selbstbewußtseins, das über bloße Bewußtheit hinaus geht. In seinem aktuellen Buch geht Damasio nicht mehr darauf ein.

Damasios Desinteresse am Selbstbewußtsein in seinem aktuellen Buch macht sich auch an der diffusen Begrifflichkeit von ‚Gefühl‘, ‚Bewußtsein‘ und ‚Geist‘ bemerkbar. Das Bewußtsein wird von Damasio vor allem als „Subjektivität“ und als „integriertes Erleben“ thematisiert. (Vgl. Damasio 2017, S.165ff.) Mit der „Subjektivität“ ist wiederum vor allem die subjektive Inbesitznahme von Erlebnissen und Wahrnehmungen gemeint, die ich weiter oben als pathische Apperzeption bezeichnet habe. Gegenüber den beiden Entwicklungslinien der Biologie und der Kultur spielt bei Damasio diese individuell-subjektive Ebene keine eigenständige Rolle, auch wenn er die Subjektivität selbst durchaus hoch einschätzt. (Vgl. Damasio 2017, S.171f.) Er räumt ihr aber keine eigenständige Entwicklungslinie ein.

Dem Geist hingegen schon. Ihn setzt Damasio mit der kulturellen Entwicklungslinie gleich, zu der die Individuen ihren subjektiven, aber insgesamt nur untergeordneten Beitrag leisten. Auch an dieser Stelle befindet sich Damasio im Widerspruch zu „Selbst ist der Mensch“ (2011), wo er die Bereiche, die er im aktuellen Buch dem Gefühl zuordnet, als dynamische Momente des Geistes beschreibt. (Vgl. Damasio 2011, S.37f.) Es fehlt eine klare begriffliche Differenzierung zwischen ‚Gefühlen‘ und ‚Geist‘. Es fehlt die individuelle Komponente zwischen der biologischen und der kulturellen Dynamik.

In seinem aktuellen Buch haben wir es also insgesamt nur mit zwei Entwicklungslinien zu tun, der biologischen, an derem Ende das Gehirn steht, und einer kulturell-geistigen Entwicklungslinie:
„Das Gehirn, mit dessen Hilfe die Menschen kulturelle Ideen, Praktiken und Instrumente erfanden, wurde durch genetische Vererbung zusammengefügt und unterlag über Jahrmillionen hinweg der natürlichen Selektion. Der kulturelle Geist der Menschen und die Menschheitsgeschichte dagegen wurden im Wesentlichen mit kulturellen Mitteln an uns weitergegeben und vorwiegend durch kulturelle Selektion gestaltet.“ (Damasio 2017, S.40)
Während Damasio bei den bewußten Gefühlen immer wieder die weitgehende Unabhängigkeit vom zentralen Nervensystem hervorhebt, bildet in diesem Zitat das Vorhandensein eines Gehirns die Voraussetzung für Kultur, und zugleich wird der Geist vor allem als kultureller Geist prädiziert, der, an anderer Stelle, mit einer eigenen überindividuellen „kreativen Intelligenz“ ausgestattet wird, die Damasio ausdrücklich von der „Schlauheit“ abgrenzt, „mit der sich zahlreiche Lebewesen einschließlich dem Menschen im Alltagsleben effizient, schnell und vorteilhaft verhalten können“. (Vgl. Damasio 2017, S.86) Diese ‚Schlauheit‘ ist also bloß etwas Individuelles, während der Geist mit seiner kreativen Intelligenz über diese Begrenzung weit hinausgeht.

Wenn dieser „Geist“ dennoch auch etwas mit der individuellen Selbstreflexion zu tun hat, dann als neurologische und kulturelle Bühne, auf der Bilder und Narrative erfunden und inszeniert werden:
„Im Theater unseres Geistes – unserem eigenen Cartesianischen Theater, warum denn nicht – ist der Vorhang hochgezogen; die Schauspieler stehen auf der Bühne, sprechen und bewegen sich; die Scheinwerfer sind ebenso eingeschaltet wie die Geräuscheffekte, und nun kommt der entscheidende Teil der Szene: Es gibt ein Publikum, nämlich uns selbst. ...  gelegentlich haben wir unter Umständen sogar das Gefühl, dass ein anderer Teil von uns, nun ja, das Ich beobachtet, während dieses die Aufführung beobachtet. “ (Damasio 2017, S.166)
Es ist diesem ‚Bild‘ eines cartesianischen Theaters geschuldet, daß Damasio immer wieder in die Homunkulusproblematik abrutscht: ein Beobachter beobachtet etwas und wird dabei selbst beobachtet. Damasio selbst weist dieses Problem von sich. Er glaube nicht, „dass in jedem Gehirn ein kleines Du oder Ich sitzt, das die Erlebnisse hat“:
„Kein Homunculus, kein Homunculus im Homunculus, keine unendliche Regression der philosophischen Legende.“ (Damasio 2017, S.167)
Im Folgenden werden wir sehen, daß es der fehlenden Differenzierung zwischen Bewußtsein, Selbstbewußtsein und Geist und dem Desiderat einer eigenständigen individuellen Entwicklungslinie geschuldet ist, wenn man ihm diesen Vorwurf dennoch nicht ersparen kann.

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