„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Freitag, 13. Dezember 2019

Freiheitsverluste

In zunehmendem Maße geht seit einiger Zeit dem Gewinn von neuen Freiheitsgraden durch die Entwicklung und Einführung neuer Technologien ein fundamentaler Freiheitsverlust voraus: das, was man vorher selbst geleistet hatte, jetzt nur noch mit Hilfe von Maschinen tun zu können.

Ich habe gestern eine Petition zur Gewährleistung eines „Rechts auf ein Offline-Leben“ (Nr. 103875) beim deutschen Bundestag eingereicht. Sobald sie von der Bundestagsverwaltung geprüft, angenommen und online gestellt worden ist, kann sie von jedem Interessierten mitgezeichnet werden.

Petition in der Mitzeichnungsfrist

Die Petition ist jetzt online erreichbar und kann bis zum 03.02.2020 mitgezeichnet werden.


PS (06.01.2021):
Heute erhalte ich einen Brief vom Petitionsausschuß vom 11.12.2020, in dem mir mitgeteilt wird, daß das Petitionsverfahren (Pet 1-19-06-2005-027804) abgeschlossen sei, mit dem Ergebnis, daß „dem Anliegen entsprochen worden ist“.

Zum Anliegen der Petition führt der Petitionsausschuß aus: „Mit der Petition wird ein Gesetz gefordert, dass das Führen eines Offline-Lebens hinsichtlich der Kommunikation mit Behörden gewährleistet. Zu dieser Thematik liegen dem Petitionsausschuss eine auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichte Eingabe mit 3526 Mitzeichnungen und 84 Diskussionsbeiträgen sowie weitere Eingaben mit verwandter Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen Behandlung zugeführt werden. ... Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Recht auf Führen eines Offline-Lebens aus dem Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) abzuleiten sei. Aus diesem Grundrecht folge auch das ‚Recht auf informationelle Selbstbestimmung‘, das durch das alle Lebensbereiche umfassende Digitalisierungsprojekt der Bundesregierung verletzt werde. Das ‚Recht auf ein Offline-Leben‘ beinhalte, dass die gesellschaftliche Infrastruktur nicht vollständig digitalisiert werde, sondern Strukturen zur Verfügung stelle, die Verwaltungsakte, Eingaben, Steuererkärungen etc. nach wie vor auf Papiergrundlage ermöglichten. Es gehe also um die Verhinderung des vollständigen Rückbaus von Offline-Infrastrukturen.“

Zur Begründung, inwiefern dem Anliegen des Petenten schon entsprochen worden sei, verweist der Petitionsausschuß auf die Broschüre „Digitalisierung gestalten - Umsetzungsstrategie der Bundesregierung“:


Desweiteren führt der Petitionsausschuß aus: „Bei den elektronischen Informations-, Kommunikations- und Transaktionsangeboten der Verwaltung für Bürgerinnen und Bürger wird eine Multikanalstrategie verfolgt. Neben neuen digitalen Zugängen werden weiterhin auch die etablierten Zugänge (insbesondere persönliche Vorsprache, Telefon, Telefax oder Schreiben) angeboten. Ferner stellt der Ausschuss fest, dass auch im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) keine Begrenzung auf bestimmte Kommunikationsarten zwischen Bürger und Verwaltung erfolgt. Die Nutzung der elektronischen Kommunikations ist freiwillig.“

So weit so gut. Aber entspricht das auch der Realität? Meines Wissens gibt es zumindestens einige Finanzämter, die den Bürgerinnen und Bürgern keineswegs die Wahl lassen, ihre Steuererklärung auf Papier abzugeben, und die sie auf die elektronische Steuererklärung verpflichten. Zumindestens aber scheint es auf der Grundlage dieses Briefes möglich zu sein, dagegen Widerspruch einzulegen.

PPS (17.04.2021)

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