„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Mittwoch, 24. Juli 2024

Eine Farce

Ich lese zum zweiten Mal den Hannibalroman von Gisbert Haefs: den „Roman Karthagos“ (1989). Mich erstaunt die Aktualität der historischen Materie. Ich erkenne eines der großen Probleme unserer Zeit (und davon gibt es viele!) darin wieder:
  • Karthago und Rom (Nato und Rußland),
  • Rußland und Europa (römischer Imperialismus und Oikumene),
  • Putin und Trump (Rom und Hanno),
  • die Ukraine und Rußland (Sardinen/Sizilien und Rom),
  • Putins Vertragsbrüchigkeit und Roms Vertragsbrüchigkeit, 
  • die Ältesten von Karthago und Putins nützliche Idioten in Europa und in den USA,
  • die Ältesten von Karthago unter Hanno und die Republikaner unter Trump,
  • verweigerte bzw. unzureichende punische Militärhilfen für Iberien, Sardinien und Sizilien (Europa/Ukraine), Aufrüstung in und Angriffskriege durch Rom (Putin)

Und, nicht im Roman, aber historisch verbürgt: carthaginem delendam esse (Cato), europinem delendam esse (Putin). Europa muß zerstört werden ‒ Putins Version des Spruchs von Cato.

Wer hat nochmal gemeint, alles in der Geschichte geschehe zweimal: einmal als Tragöde und ein zweites Mal als Farce? Und sieht sich nicht auch Putin als Wiedergänger der russischen Zaren? Also als einen C(aes)ar? Also eine Farce, von Putin persönlich gefurzt.

Immerhin haben wir es beim Hannibalroman nur mit einer historischen Fiktion zu tun. Und ich glaube nicht, daß Haefs 1989 hatte voraussehen können, daß sich nach zweitausendzweihundert Jahren die Kriege zwischen Rom und Karthago auf diese Weise zwischen Putin und Europa wiederholen würden. Es bedeutete sonst wohl auch, die Gegenwart nicht wirklich ernst zu nehmen.