„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Freitag, 14. Februar 2020

Kleine politische Farbenlehre

Nach dem angekündigten Rücktritt von AKK ist die CDU wiedermal auf der Suche nach einem Vorsitzenden und einem geeigneten Kanzlerkandidaten. Und dabei spielen die Worte ‚konservativ‘ und ‚Werte‘ eine große Rolle. Dabei ist die CDU weder konservativ noch werteorientiert. Sie hat sich vielmehr auf technologischen Fortschritt, Wirtschaftswachstum und umfassende Digitalisierung festgelegt. Das sind aber alles Faktoren, die die Werte, für die die CDU angeblich eintritt, zerstören. Und das ist nicht etwa die Schuld der Bundeskanzlerin. Es war vielmehr immer schon so, daß der angebliche Wertekonservativismus der CDU nur eine fromme Lebenslüge gewesen war, an die nicht wenige in dieser Partei selbst geglaubt haben. Auch als die christliche Werteidylle scheinbar noch in Ordnung gewesen war, betrieb die CDU im Verbund mit der FDP eine Wirtschaftspolitik, die diese ‚Idylle‘ gnadenlos zerstörte. Ich glaube, ich kann mit Fug und Recht behaupten, daß ich konservativer bin als die CDU; vielleicht sogar konservativer als die ominöse Werte-Union.

Ähnliches gilt für alle anderen Parteien. Ich bin grüner als die Grünen, gleichermaßen sozialer und sozialistischer als die SPD und liberaler als die FDP. Nun kann ich zwar nicht behaupten, daß ich linker als die Linke bin, aber ihrer Kapitalismuskritik stimme ich uneingeschränkt zu. Nur daß ich deshalb nicht gleich zum Linkenwähler werde. Solange die Grünen mir keinen Grund geben, ernsthaft an ihrer ökologischen Prinzipientreue zu zweifeln, werde ich sie weiterhin wählen. Denn ich bin überzeugt, daß sich das mit dem Kapitalismus von selbst erledigt, sobald diese Gesellschaft ihre Verantwortung für die kommenden Generationen im Kampf gegen den Klimawandel ernstnimmt.

Heikel wird es, wenn ich an die AfD denke. Ich würde sagen, daß ich heimatverbundener als die AfD bin. Dabei denke ich vor allem an die Verantwortung dieses Landes für die spezifisch deutsche Geschichte. Denn viele Opfer des Nationalsozialismus hatten ihre Heimat in Deutschland: Juden, Sinti und Roma, Sozialisten und Kommunisten, sexuell Diskriminierte, um nur einige zu nennen. Viele von ihnen nannten Deutschland ihre Heimat. Begriffe wie ‚Nation‘ und ‚Volk‘ hingegen sind in diesem Land für alle Zeiten nicht mehr anwendbar. ‚Volk‘ nicht, weil es endgültig untrennbar mit Begriffen wie ‚völkisch‘ und ‚Volksgerichtshof‘ verbunden ist; und ‚Nation‘ nicht, weil zu jeder Nation unweigerlich ein Volk gehört. Nein danke! Ich bin Bürger eines demokratisch verfaßten Gemeinwesens und kein Volksgenosse.

‚Heimat‘ hingegen verstehe ich vor allem regional. Sie ist begrenzt auf eine überschaubare Region. Mit ihr geht eine gewisse geographische Bescheidenheit einher. Heimat ist geopolitisch nicht mißbrauchbar. – Ja. Ich denke, ich kann sagen, ich bin heimatverbundener als die AfD.

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