„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Sonntag, 1. April 2018

Das Licht des Glaubens

1. Glaube als Argumentationsmodus
2. Glaube als Vernunft
3. Glaube als Sinnesorgan
4. Glaube als Kommunikationsform: persönliches Angesprochensein
5. Glaube als Kommunikationsform: Vermittlung
6. Glaube als Kommunikationsform: Nächstenliebe
7. Glaube als Unterwerfung
8. Glaube als Unglaube
9. Glaube als Reinheit

Der Titel der Enzyklika „lumen fidei“ spricht von einem „Licht des Glaubens“. Damit soll angedeutet werden, daß der Glaube sein eigenes Licht hat, ähnlich dem Licht der Vernunft bzw. der Aufklärung. Dieses Licht der Aufklärung ist vergleichsweise bescheiden und versteht sich selbst nicht als Sonnenlicht, sondern eher als Kerzenlicht innerhalb der Grenzen des menschlichen Verstandes: ein „Kerzenlicht in der Dunkelheit“ (John Locke).

Damit will sich das Licht des Glaubens aber nicht begnügen. Es will mehr sein als ein flackerndes, vom Verlöschen bedrohtes Kerzenlicht. Ja, es will sogar als „ursprüngliche Quelle“ für das Licht der Aufklärungsvernunft anerkannt werden. Der Glaube in lumen fidei will schon für sich selbst und aus einer höheren Autorität heraus Vernunft sein. Dieser Glaube, dem es nicht mehr genügt, einfach nur verkündet und geglaubt zu werden, will seine höhere Vernunftsherkunft begründen. Er schaltet in den Argumentationsmodus um, weil er sich auf der gleichen Ebene bewegen will, wie die menschliche Vernunft der Aufklärung. Die Glaubensgemeinschaft wird zu einer Kommunikationsgemeinschaft im Habermasschen Sinn, als „ewige(m) Dialog der Gemeinschaft“, mit der Einladung an alle, „ins Innere dieses Dialogs einzutreten“. (Vgl. Nr.36)

Was aber sind die Argumente des Glaubens? Womit argumentiert er? – Mit sich selbst. Der Glaube ist sich selbst sein wichtigstes Argument. So heißt es in lumen fidei:
„Wenn die Liebe des Vaters Jesus nicht von den Toten hätte auferstehen lassen, wenn sie nicht vermocht hätte, seinem Leib wieder Leben zu geben, dann wäre sie keine vollkommen verlässliche Liebe, die in der Lage wäre, auch das Dunkel des Todes zu erhellen.“ (Nr.17)
Die Grammatik dieses Satzes ähnelt einem Begründungsverfahren, das mit empirischen Fakten hantiert. ‚Wenn‘ dieses Faktum (die Auferstehung von den Toten) gegeben ist und ein anderes Faktum (die lebensspendende Kraft der Liebe) wiederum damit im Zusammenhang steht, dann müssen wir zu einer conclusio kommen, der wir alle zwingend zustimmen müssen. Diese conclusio wird dann noch in der Verneinung eines Irrealis zum Ausdruck gebracht, der die Nicht-Denkbarkeit einer unvollkommenen und nicht verläßlichen Liebe beinhaltet.

An die Stelle empirischer Belege treten also in dieser Argumentation lauter Glaubenswahrheiten, deren jede einzelne den Anspruch erhebt, nicht bezweifelt werden zu können. Der Glaube im Argumentationsmodus gibt sich also nur den Anschein, zu argumentieren. Wer argumentiert, respektiert den begrenzten Verstand des Menschen und seinen Sinnesapparat. Wer argumentiert, bewegt sich im Bereich eines Kerzenlichts, umgeben von Dunkelheit. Alles, was darüber hinaus geht, ist Glaubenssache. Auf die Seite des Glaubens führt keine argumentative Brücke hinüber.

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